Unsere aktuelle gesellschaftliche Situation, sowohl die politische Dynamik in Deutschland (und ja nicht nur da) hat sich in den letzten Jahren auch in eine Richtung entwickelt, bei der wir alle, wie auch immer wir jeweils unsere politische Orientierung wählen, aus unserer Sicht nicht stumm bleiben, sondern sehr aktiv sein oder werden sollten.
Was veranlasst gerade uns nicht nur als „Privat-Menschen“, sondern als im Feld der Psychotherapie und Beratung Arbeitende, zu dieser Stellungnahme zur politischen Situation?
Auch Psychotherapie und Beratung findet in politischen Kontexten statt! (ob einem das passt oder nicht). Eine Psychotherapie oder eine Beratung z.B. kann letztlich für die einzigartigen Individuen und ihre Beziehungs-Systeme nur wirksam werden, wenn dabei die beteiligten Menschen ihre vielschichtigen und oft widersprüchlichen Biographien, Haltungen und Strebungen in einer auf Vertrauen aufbauenden offenen Kommunikation einbringen können. Dies kann nur gelingen, wenn mit den dabei immer auftretenden Unterschieden in Bedürfnissen, Sichtweisen, unwillkürlichen Reaktionen mit Respekt und mit Garantie für deren Existenzberechtigung umgegangen wird. Wichtig ist dabei auch, dass stärkend systematisch fokussiert wird auf die hilfreichen Ressourcen und Kompetenzen, die den angestrebten Entwicklungen dienen und erfolgreich zur Bewältigung von Problemen beitragen. Dabei sollte aber gleichzeitig die erlebte Vergangenheit in der Form sehr beachtet und genutzt werden, dass sie als Basis hilfreicher Lernprozesse dienen kann.
Dabei heißt dies nicht, dass alle Handlungen schlicht akzeptiert werden sollten, sondern als Ergebnis achtungsvoller Aushandlungsprozessen nur die umgesetzt werden, die sozial verträglich und dabei weder selbst- noch fremdschädlich wirken. Impulse, die dem widersprechen, sollten aber nicht abgewertet und unterdrückt werden, sondern empathisch würdigend übersetzt werden als Ausdruck von Bedürfnissen, mit denen dann wieder so umgegangen wird, dass dies in der genannten sozial verträglichen Form konstruktiv wirkt und dabei Autonomie und Selbstreflexion stärkt und eine gesunde, konstruktive Beziehungsgestaltung in optimaler Balance ermöglicht.
Diese Art hilfreicher Prozesse kann nur in einer freiheitlichen demokratischen pluralistischen Gesellschaftsform erfolgreich werden. Diese wirkt als Garant für Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenwürde, für konstruktiven, respektvollen Umgang mit Unterschiedlichkeit, auch dafür, dass Minderheiten und Andersdenkende als völlig gleichwertig und gleichberechtigt geschützt werden (unabhängig von Hautfarbe, geschlechtlicher und kultureller Orientierung) Mit ihren Regelungsprozessen muss sie auch dafür sorgen, dass dies von allen gleichermaßen eingehalten wird („keine Freiheit für die Feinde der Freiheit“).
In einem autoritativen System welcher Art auch immer wird dies nicht gewährleistet, sogar unterdrückt, meist auch mit Gewalt. Das, was eine Therapie/Beratung erst nachhaltig wirksam macht, wird dort nicht geduldet, weil es letztlich Autoritäres in Frage stellt, und dass Therapie/Beratung so wirkt, ist aus unserer Sicht gerade gut so.
Menschen, die im politischen und allgemein im sozialen Feld agieren z.B. mit Hassreden, Abwertung, Diffamierung und Unterdrückung von Minderheiten und andersartig erlebten Menschen (bis hin zu Gewalttaten oder deren Billigung), auch mit teilweise gezielt erfundenen Erzählungen, die Angst und Unsicherheit erzeugen sollen, die z.B. auch den durch Deutschland verübten Völkermord leugnen oder verharmlosen und die überhaupt die Grundprozesse einer demokratisch-pluralistischen Gesellschaft in Frage stellen oder bekämpfen, sollten wir alle klar und sehr aktiv entgegen treten. Solche unsere Demokratie gefährdenden Aktivitäten dürfen keinen Raum bei uns bekommen bzw. der Raum dafür sollte durch Beiträge von uns wenigstens immer kleiner werden, denn auch durch still bleiben und sonstige Unterlassungs-Haltungen wird ungewollt wieder Raum für sie geschaffen. Unsere Beiträge sollten allerdings nicht auf diese Art erfolgen, wie wir es den Gegnern einer freiheitlich-demokratischen Ordnung vorwerfen. Wir sollten sehr klar, aber gerade die demokratischen Regeln beachtend Stellung beziehen, also z.B. nicht auch mit Hassreden und massiven Abwertungen antworten, denn das würde nur die bestätigen, deren Einfluss wir eindämmen wollen.
Wir alle sind dabei gefragt und aufgefordert, nicht nur im stillen Kämmerchen, sondern aktiv handelnd für die Stärkung demokratischer Kultur und Stellung zu beziehen gegenüber allen, die sie aufweichen oder abschaffen wollen. Eine von vielen Gelegenheiten dafür bieten unsere Wahlen in Deutschland am 23.2.25..
Deshalb bitten wir Sie, wählen Sie bitte nur Parteien und deren VertreterInnen, die ohne Abstriche für unsere demokratische pluralistische Gesellschaft überzeugend eintreten und beziehen sie aktiv Stellung für unsere Demokratie, wo immer es dazu im Alltag und in der persönlichen Lebensgestaltung dafür Gelegenheiten gibt.
Unsere so wertvolle Demokratie braucht uns alle. Helfen Sie ihr und uns allen.
Gunther Schmidt